"All in one - Seid 1, damit die Welt glaubt. (vgl. Joh 17,21)"

Unser Motto-Bild für die Fastenzeit wäre eine gute Idee gewesen. Zwei Menschen verschiedener Hautfarbe reichen sich die Hände und überwinden Mauern, welche durch kulturelle, religiöse oder politische Unterschiede immer wieder aufgebaut werden.

Momentan jedoch beherrscht die Weisung: "Unterlassen sie das Händeschütteln" unser gesellschaftliches und kirchliches Verhalten. Wir unterlassen sogar den Friedensgruss während der Messe. Wir halten Abstand und sichtbare und unsichtbare Mauern werden aufgebaut. Grosseltern sehen ihre Enkelkinder nicht, Kinder sollen nicht gemeinsam spielen, Arbeitskollegen sehen sich nur noch virtuell, in den Vereinen und in der Kirche finden nur noch wenige direkte  Begegnungen statt.

So bietet es sich schon fast an, in der Kirche eine Klagemauer aufzurichten. Eine Mauer, die uns den Zugang zum Chorraum verschliesst, eine Mauer, die uns aber einlädt, unser Klagen, unsere Isolierung und Einsamkeit in die Hände Gottes zu legen, indem wir unsere Anliegen und Nöte auf einen Zettel schreiben und in die Ritzen der Mauer legen.

Glaube, Hoffnung und Liebe sind stärker als alle Mauern. Das Gebet überwindet alle Trennung und schenkt immer wieder neu Einheit zwischen den Menschen und verbindet uns alle mit Gott.

"Mit dir erstürme ich Wälle, / mit meinem Gott überspringe ich Mauern." (Ps 18,30)

"Die Männer des Juda riefen den grossen Herrn der Welt an, der Jericho zur Zeit Josuas ohne Rammböcke und Belagerungsmaschinen zu Boden geschmettert hatte. Dann stürmten sie mit dem Mut von Löwen gegen die Mauern an." (2 Makk 12,15)

Die Mauern Jerichos und alle anderen Mauern werden fallen, wenn wir den "Löwen-Mut" nicht verlieren. Das Kreuz Christi ist wie ein Rammbock, der alle Mauern zum Einstürzen bringt und uns mit Gott und untereinander vereint. Wir verbinden uns in der Fastenzeit besonders mit dem Gekreuzigten. Am Karfreitag feiern wir, was an Ostern vollendet wird.

"Da riss der Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei. Die Erde bebte und die Felsen spalteten sich. Die Gräber öffneten sich und die Leiber vieler Heiligen, die entschlafen waren, wurden auferweckt." (Mt 27,51-52)

Ich bin froh, dass unser Motto-Bild für Ostern wunderbar zur momentanen Situation passt. Ein Fenster, eine Tür wird aufgestossen und eröffnet nicht nur einen virtuellen Computer-Blick, sondern einen beschreitbaren Weg hinaus aus dem Grab des Todes und der Isolation. Wir werden eingeladen, diesen Weg zu gehen. Ein grünender Baum lädt uns ein, das auferstandene Leben zu feiern und den Glauben zu erneuern, dass das Kreuz zum Baum des Lebens wird.

Auf unserer Osterkerze (gestaltet von Adelheid Jäckle) entdecken wir wiederum diesen Baum des Lebens, der reiche Früchte trägt. Das Licht der Osterkerze leuchtet jetzt schon durch alle Mauer-Ritzen hindurch und entflammt erneut das Feuer der christlichen Hoffnung.

Ich freue mich wieder auf die gemeinsamen Eucharistiefeiern mit Ihnen allen und wünsche uns , dass wir aus dem Geheimnis unseres Glaubens Kraft schöpfen. Ihnen allen ein frohes, gesegnetes Ostern!

"Deinen Tod o Herr verkünden wir, und Deine Auferstehung preisen wir, bis Du kommst in Herrlichkeit."

 

Herzlich, Ihr Pfarrer Beat Muntwyler